Bemängelter Wohnungszustand: Wer auf Wohnungsbesichtigung verzichtet, kann sich schwerlich auf arglistige Täuschung berufen

Das Glück, eine passende und bezahlbare Wohnung zu finden, kommt in vielen Regionen Deutschlands mittlerweile einem stattlichen Lottogewinn gleich. Wer sich in einem solchen Glück wähnt, sollte jedoch ruhig Blut bewahren und sichergehen, das zu bekommen, was er sich vorgestellt hat. Denn wer vor lauter Glücksseligkeit – oder auch aufgrund der noch vorhandenen Entfernung – auf eine Besichtigung verzichtet, kann nicht nur enttäuscht werden, sondern im Streitfall schnell den Kürzeren ziehen. So erging es auch den Mietern im folgenden Fall des Landgerichts Lübeck (LG).

Eine Eigentumswohnung wurde möbliert vermietet, wobei das Kündigungsrecht für ein Jahr beiderseitig ausgeschlossen wurde. Eine Wohnungsbesichtigung fand zuvor nicht statt. Die Mieter zahlten für den ersten Monat die Miete sowie die Kaution. Zehn Tage nach Mietbeginn erklärten sie jedoch den Rücktritt vom Vertrag, hilfsweise die sofortige und schließlich auch die ordentliche Kündigung. Außerdem erklärten sie die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung. Das begründeten sie mit dem Zustand der Wohnung und des Mobiliars. Schließlich forderten sie die Rückzahlung der Septembermiete sowie die geleistete Kaution. Im Gegenzug verlangte die Vermieterin weitere Mietzahlungen und klagte sie ein.

Laut LG stelle das Verschweigen von Tatsachen nur dann eine Täuschung dar, wenn hinsichtlich der verschwiegenen Tatsachen eine Aufklärungspflicht bestanden habe. Soweit die Mieter eine mit Kissen und Decken dekorierte Couch als mangelhaft angesehen hatten, lag keine arglistige Täuschung vor. Es bestand keine Aufklärungspflicht der Vermieterin über den Zustand der Couch. Schließlich hatten die Mieter die Möglichkeit gehabt, die Wohnung vor der Anmietung gründlich in Augenschein zu nehmen. Auch andere aktive Täuschungshandlungen über den Zustand der Wohnung konnte das LG hier nicht feststellen. Das vereinbarte Jahr musste nun demnach vertragsgemäß durchgezogen werden.

Hinweis: Die Mietvertragsparteien sollten möglichst sämtliche Punkte im Mietvertrag regeln. So kann es später keine Missverständnisse oder Unklarheiten geben. Dafür sieht ein Mietvertragsvordruck am Ende häufig den Punkt „Sonstige Vereinbarungen“ vor.

Quelle: LG Lübeck, Urt. v. 07.07.2022 – 14 S 23/21