Egal, wer für die Erfassung der Arbeitszeit zuständig ist – an den gängigen Regelungen zur Zahlung und vor allem dem dafür notwendigen Nachweis von Überstunden hat sich in den vergangenen Monaten nichts geändert. Dies musste im folgenden Fall ein Arbeitnehmer vor dem Bundesarbeitsgericht (BAG) bitter lernen.
Ein Arbeitnehmer war als Auslieferungsfahrer beschäftigt. Seine Arbeitszeit erfasste er mit einer technischen Zeitaufzeichnung, wobei nur Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit, nicht jedoch die Pausenzeiten aufgezeichnet wurden. Zum Ende des Arbeitsverhältnisses ergab die Auswertung der Zeitaufzeichnungen 348 Plusstunden. Deshalb klagte der Fahrer über 5.000 EUR als Überstundenvergütung ein. Er machte geltend, er habe die gesamte aufgezeichnete Zeit gearbeitet. Pausen zu nehmen, sei nicht möglich gewesen, weil sonst die Auslieferungsaufträge nicht hätten abgearbeitet werden können.
Das BAG war aber anderer Auffassung. Danach hat das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zur Verpflichtung des Arbeitgebers zur Zeiterfassung nichts an der Darlegungs- und Beweislast geändert. Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH geht es um den Schutz der Sicherheit und der Gesundheit der Arbeitnehmer – nicht um deren Vergütung. Die unionsrechtlich begründete Pflicht zur Messung der täglichen Arbeitszeit hat deshalb keine Auswirkung auf die entwickelten Grundsätze über die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast im Überstundenvergütungsprozess. Und diesen Beweis konnte der Arbeitnehmer hier nicht antreten.
Hinweis: Auch weiterhin gibt es nur dann bezahlte Überstunden, wenn der Arbeitgeber weiß, dass die Überstunden geleistet werden. Zudem muss der Arbeitnehmer im Zweifelsfall jede einzelne Überstunde nachweisen können.
Quelle: BAG, Urt. v. 04.05.2022 – 5 AZR 359/21