Der Betriebsrat ist immer noch ein Dorn im Auge mancher Arbeitgeber. So sehr diese dann auch versuchen, bereits den Initiatoren einer Betriebsratswahl Steine in den (Arbeits-)Weg zu legen – die Arbeitsgerichte verstehen hier keinerlei Spaß. Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf (LAG) musste sich mit gleich drei Kündigungen gegen ein und dieselbe Arbeitnehmerin auseinandersetzen, nachdem diese zur Wahl des Wahlvorstands aufgerufen hatte.
Eine Arbeitnehmerin lud zur Wahl eines Wahlvorstands ein. Da geschah Folgendes: Zunächst erhielt die Arbeitnehmerin eine fristlose (und hilfsweise fristgerechte) erste Kündigung, weil sie an vier Tagen zu spät zur Arbeit erschienen sei. Dazu meinte die Arbeitnehmerin, dass bei jedem Arbeitsantritt die Rechner besetzt gewesen seien und sie sich nicht hätte einstempeln können. Dann gab es die zweite Kündigung, weil die Arbeitnehmerin angeblich für die Betriebsversammlung einen zu kleinen Raum angemietet haben soll. Die Arbeitnehmerin entgegnete hier, dass der Raum gar nicht durch sie, sondern durch einen Gewerkschaftssekretär gebucht worden sei. Es kam, wie es kommen sollte; zur dritten Kündigung. Der Grund dieses Mal: Die Arbeitnehmerin hatte trotz vorheriger fristloser Kündigung und ohne Absprache mit der Arbeitgeberin den Backofficebereich einer Filiale betreten und dort eine neue Einladung zu einer Wahlversammlung ausgehängt. In diesem Verhalten sah die Arbeitgeberin einen Hausfriedensbruch. Auch diesem Vorwurf widersprach die Arbeitnehmerin und klagte gegen alle drei Kündigungen.
Und siehe da: Sämtliche Kündigungen waren laut LAG unwirksam. Bei der ersten Kündigung hätte es einer (erneuten) Abmahnung bedurft. Bei der zweiten Kündigung lag bereits schon kein Verstoß gegen die arbeitsvertraglichen Pflichten vor. Der etwaige Verstoß gegen betriebsverfassungsrechtliche Pflichten berechtigte nicht zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses. Außerdem genoss die Arbeitnehmerin als Initiatorin der Betriebsratswahl Sonderkündigungsschutz. Bei der dritten Kündigung – dem angeblichen Hausfriedensbruch – lag zwar durchaus ein Kündigungsgrund vor, denn fristlos gekündigte Mitarbeiter dürfen nicht die Räumlichkeiten des Arbeitgebers betreten. Hier fiel jedoch die Interessenabwägung zugunsten der Arbeitnehmerin aus. Wenn die Arbeitnehmerin trotz fristloser Kündigung nochmals versucht habe, zur Wahlversammlung einzuladen, rechtfertigte dies keine Kündigung.
Hinweis: Wer eine Betriebsratswahl initiiert, sollte eigentlich keine Angst vor Repressalien durch den Arbeitgeber haben. Die Wirklichkeit in Deutschland sieht jedoch gelegentlich anders aus. In diesen Fällen gibt es Gerichte, die das Recht wiederherstellen.
Quelle: LAG Düsseldorf, Urt. v. 08.11.2022 – 8 Sa 243/22