Sie ist das Damoklesschwert, das über vielen Mietern zu baumeln scheint, die in einer Eigentumswohnung leben: die Eigenbedarfskündigung. Hier öffnet sich in der Regel ein Fächer an Argumenten, die folglich erst die Richter einzeln untersuchen müssen, um zu bewerten, was mit der Wohnung und dem mutmaßlichen Eigenbedarf passieren soll. Im Folgenden hat sich das Amtsgericht Hamburg (AG) erneut mit der Frage befassen müssen, wann eine Eigenbedarfskündigung ausreichend begründet ist.
Mieter und Vermieter einer 43 m² großen Wohnung stritten sich gleich über verschiedene Fragen vor den Gerichten. Es ging um eine Wirksamkeit einer Befristung, eine Rüge wegen einer Mietpreisüberhöhung und um erhöhten Bleigehalt im Trinkwasser. Schließlich kündigte der Vermieter das Mietverhältnis fristgemäß wegen Eigenbedarfs für seinen Neffen. Die Kündigung wurde damit begründet, dass der Neffe seinen Wohnsitz aus beruflichen Gründen von Sylt nach Hamburg verlegen müsse. Eine andere passende Wohnung stehe ihm nicht zur Verfügung. Im Haus waren allerdings in den letzten Jahren diverse Wohnungen mit einer Größe von 43 m² oder 65 m² frei geworden, wobei eine Vermietung häufig befristet erfolgte. Schließlich wurde eine Räumungsklage erhoben, als der Mieter nicht auszog.
Vor dem AG hat der Vermieter diese Klage nun jedoch verloren. Eine Eigenbedarfskündigung ist nicht hinreichend begründet, sobald zahlreiche andere freie Wohnungen im Haus die genannten Kriterien erfüllen und den etwaigen Bedarf hätten befriedigen können. Nachgeschobene Gründe, wie die Geschosslage, waren nicht zu berücksichtigen, sofern sie bereits zum Zeitpunkt der Kündigung gegeben gewesen sein sollen.
Hinweis: Jede Kündigung im Mietrecht muss gut begründet werden, erst recht eine Kündigung wegen Eigenbedarfs. Nur vorgeschobene Gründe können später zu erheblichen Schadensersatzforderungen des Mieters führen.
Quelle: AG Hamburg, Urt. v. 04.05.2022 – 49 C 438/21