Dass der folgende Fall seinen Ursprung in Rumänien hat, aber dennoch hier Erwähnung findet, beweist, wie wichtig Arbeitnehmerbelange in der Europäischen Union sind. Denn nationale Vorschriften sind nur dann rechtens, wenn sie mit dem EU-Recht im Einklang stehen. Und um zu bewerten, ob ein Arbeitnehmer mit der Ablehnung einer Kostenübernahme durch seine Arbeitgeberin leben muss, musste der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg ran.
Der betreffende Arbeitnehmer, seines Zeichens Mitarbeiter des Generalinspektorats im Amt für Einwanderung des Kreises Cluj, verlangte die Übernahme der Kosten für eine neue Korrekturbrille. Diese sei erforderlich geworden, weil sich sein Sehvermögen unter anderem auch aufgrund seiner Bildschirmarbeit verschlechtert habe. Die Arbeitgeberin lehnte die Kostenübernahme jedoch ab – und gegen diese Entscheidung seiner Arbeitgeberin klagte der Mann.
Das zuständige Regionalgericht setzte das Verfahren aus und fragte beim EuGH nach, wie die Richtlinie 90/270/EWG über Mindestvorschriften hinsichtlich der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes bei der Arbeit an Bildschirmgeräten auszulegen sei. Und der EuGH antwortete, dass diese Richtlinie zu „speziellen Sehhilfen“ Korrekturbrillen mit einschließe, die spezifisch darauf gerichtet seien, Sehbeschwerden im Zusammenhang mit einer Arbeit, bei der ein Bildschirm involviert ist, zu korrigieren und diesen vorzubeugen. Die Sehbeschwerden müssen zwar bei Untersuchungen festgestellt worden sein, um einen Anspruch auf Bereitstellung einer speziellen Sehhilfe entstehen zu lassen – das Interessante ist aber, dass die Bildschirmarbeit dabei nicht unbedingt die Ursache für diese Beschwerden sein muss. Ebenso wenig sei es Bedingung, dass die Sehhilfe nur beruflich genutzt werden dürfe. Denn, so der EuGH, sehe die Regelung „keine Beschränkung in Bezug auf die Verwendung dieser Sehhilfen vor“. Es ist schlicht und ergreifend Pflicht des Arbeitgebers, eine entsprechende Bildschirmarbeitsplatzbrille zur Verfügung zu stellen.
Hinweis: Der Arbeitgeber kann seiner Pflicht dadurch nachkommen, indem er dem Arbeitnehmer die Brille entweder unmittelbar zur Verfügung stellt oder ihm die von ihm getätigten Aufwendungen erstattet.
Quelle: EuGH, Urt. v. 22.12.2022 – C-392/21