Fortsetzung unzumutbar: Gericht löst Arbeitsverhältnis nach gewonnener Kündigungsschutzklage auf

Kündigungen sollten immer auf gesunden Beinen des Arbeitsrechts stehen, um ihre Gültigkeit zu entfalten. Dass der Gewinn eines gegen eine ungerechtfertigte Kündigung gerichteteten Prozesses für den Arbeitnehmer nicht immer bedeutet, an die Arbeitsstelle zurückkehren zu dürfen, zeigt dieser Fall des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg (LAG).

Ein Verein, der in der Flüchtlingshilfe tätig war, erhielt Kenntnis davon, dass sich sein Technischer Leiter in einer kleinen WhatsApp-Gruppe in menschenverachtender Weise über Geflüchtete, Helferinnen und Helfer geäußert hatte. Darüber wurde sogar in der Presse berichtet. Deshalb kündigte der Verein unter anderem das Arbeitsverhältnis mit dem Technischen Leiter, der gegen die Kündigung klagte.

Die Kündigung war in den Augen des LAG rechtswidrig, da eine gerichtliche Verwertung der Äußerungen im Gerichtsverfahren nicht zulässig war – eine vertrauliche Kommunikation falle schließlich in den Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Die Kommunikation erfolgte hier zudem nur in einem sehr kleinen Kreis mit privaten Handys und erkennbar nicht mit einer Weitergabe an Dritte. Auch besondere Loyalitätspflichten bestanden nicht, weil der Mann keine unmittelbaren Betreuungsaufgaben wahrzunehmen hatte. Dennoch wurde das Arbeitsverhältnis auf Antrag des Vereins gegen Zahlung einer Abfindung aufgelöst. Die Voraussetzungen einer ausnahmsweise möglichen gerichtlichen Auflösung des Arbeitsverhältnisses lagen hier vor. Nach Ansicht des LAG war nach § 9 Kündigungsschutzgesetz keine den Betriebszwecken dienliche Zusammenarbeit der Parteien mehr zu erwarten.

Hinweis: Sowohl der Arbeitgeber als auch der Arbeitnehmer können dann einen Auflösungsantrag stellen, wenn die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses für die andere Partei unzumutbar ist. Sehr häufig kommt ein solcher Fall allerdings nicht vor.

Quelle: LAG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 19.07.2021 – 21 Sa 1291/20