Formfehler sind vor Gericht oftmals das entscheidende Zünglein an der Waage, da bereits eine fehlerhafte Ausgangslage alle weiteren Folgen und Rechte zunichten machen kann. Da „können“ aber nicht „müssen“ bedeutet, war im Folgenden vom Bundesgerichtshof (BGH) zu klären, was passiert, wenn eine Eigentümerversammlung zu Unrecht einberufen worden ist, dort aber durch alle Eigentümer entsprechende Beschlüsse gefasst wurden.
In einer neu errichteten Wohnungseigentumsanlage war in der Teilungserklärung festgeschrieben worden, dass die Bauträgerin bis zum vollständigen Bezug des Objekts einseitig einen Verwalter bestimmen kann. Die Bauträgerin bestellte dann eine solche Verwalterin, die wiederum zu einer ordentlichen Eigentümerversammlung einlud. Auf dieser Eigentümerversammlung wurden Beschlüsse über den Wirtschaftsplan, über den Plan für die Zuführung zur Instandhaltungsrücklage und Ähnliches gefasst. Dagegen zog ein Eigentümer vor Gericht und meinte, die neue Verwalterin sei nicht ordnungsgemäß bestellt worden, und deshalb seien die Beschlüsse unwirksam.
Der BGH entschied zwar, dass die neue Verwalterin tatsächlich zu Unrecht bestellt worden war – der Mangel an der Einberufung der Eigentümerversammlung durch einen Nichtberechtigten wurde jedoch geheilt. Denn es hatten sämtliche Wohnungseigentümer sowohl an der Versammlung als auch an der Abstimmung teilgenommen. Es kommt dabei nicht darauf an, ob den Wohnungseigentümern die fehlende Einberufungsberechtigung bekannt war.
Hinweis: Manchmal sind Formfehler heilbar. Das ist häufig der Fall, sobald mehr als nahe liegt, dass auch ohne den Formfehler nicht anders entschieden worden wäre.
Quelle: BGH, Urt. v. 11.03.2022 – V ZR 77/21