Dieses Urteil ist nicht nur aus umweltpolitischer Sicht wenig nachzuvollziehen – doch bewährt sich hier die alte Weisheit, dass auch Bäume zu den Frömmsten gehören könnten, deren gelebter Frieden vom „bösen“ Nachbarn abzuhängen scheint. Wenn es um das Nachbarrecht geht, sind Gerichte wie das Landgericht Frankenthal (LG) aber schlicht und ergreifend an die Gesetze gebunden.
Die Wurzeln des gerichtlichen Übels waren hier jene einer Fichte. Deren Wurzeln wuchsen nämlich zum Nachbarn herüber, so dass dieser durch die aus der Erde herauswachsenden Wurzeln seinen Garten nicht mehr ungestört nutzen konnte – so beispielsweise auch nicht zum Rasenmähen. Daher wollte er die Wurzeln zurückschneiden. Die Nachbarn, denen die Fichte gehörte, wandten hingegen ein, dass dies den biologischen Tod des Baums bedeuten würde.
Schließlich musste das LG entscheiden: Die Wurzeln durften im Wege der Selbsthilfe vom Nachbarn auch dann beseitigt werden, wenn dadurch das Absterben des Baums drohe. Denn das in § 910 BGB geregelte Selbsthilferecht soll eine einfache Hilfe bieten und nicht auf Verhältnismäßigkeit und Zumutbarkeit geprüft werden. Die Baumeigentümer müssen dabei laut Berufungsurteil nur die Beseitigung jener Wurzeln akzeptieren, die den Nachbarn tatsächlich beeinträchtigen.
Hinweis: Wer sich mit seinem Nachbarn streiten möchte, muss in vielen Bundesländern zunächst zum Schiedsmann. Auch für dieses Verfahren sollte allerdings bereits ein Rechtsanwalt beauftragt werden.
Quelle: LG Frankenthal, Urt. v. 11.08.2021 – 2 S 132/20