Auch in diesem Fall heißt es einmal mehr „Augen auf bei Tarifverträgen!“ Denn dass sowohl tarifgebundene Arbeitgeber als auch deren Betriebsräte mit einer Betriebsvereinbarung durchaus falsch liegen können, zeigt der folgende Fall, der bis vor das Bundesarbeitsgericht (BAG) ging.
Es ging um einen Servicetechniker im Außendienst. Seine Arbeitgeberin war wegen ihrer Mitgliedschaft im Arbeitgeberverband an die Tarifverträge des Groß- und Außenhandels Niedersachsen gebunden. Zudem gab es im Betrieb der Arbeitgeberin eine Betriebsvereinbarung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat. Darin war geregelt, dass Anfahrtszeiten zum ersten und Abfahrtszeiten vom letzten Kunden nicht zur Arbeitszeit zählen, sofern sie 20 Minuten nicht überschreiten. Mit seiner Klage verlangte der Servicetechniker schließlich, seinem Arbeitszeitkonto Fahrtzeiten im Umfang von 68 Stunden und 40 Minuten gutzuschreiben – mit Erfolg.
Das BAG war der Auffassung, dass der Arbeitnehmer mit den Fahrten von seiner Wohnung zum ersten Kunden und vom letzten Kunden zurück seine vertraglich geschuldete Arbeitsleistung erfüllt hat. Ein daraus resultierender Vergütungsanspruch werde aber nicht durch die Betriebsvereinbarung ausgeschlossen. Denn nach dem Manteltarifvertrag sind sämtliche Tätigkeiten, die ein Arbeitnehmer in Erfüllung seiner vertraglichen Hauptleistungspflicht erbringt, mit der tariflichen Grundvergütung abzugelten. Dazu gehört bei Außendienstmitarbeitern die gesamte – für An- und Abfahrten zum Kunden – aufgewendete Fahrtzeit. Damit war die Betriebsvereinbarung an dieser Stelle unwirksam, da sie dem Tarifvertrag widersprach.
Hinweis: Personalverantwortliche sollten sich stets darüber im Klaren sein, ob ein Tarifvertrag zur Anwendung kommt oder nicht. Und Arbeitnehmer sollten das auch wissen, da sich dadurch Ansprüche ergeben können.
Quelle: BAG, Urt. v. 18.03.2020 – 5 AZR 36/19