Es gibt Vergehen, die mehr Empörung hervorrufen als andere. Doch Arbeitgebern ist stets ruhig Blut anzuraten, wenn es um die Konsequenzen von Delikten am Arbeitsplatz geht. Denn dass im Regelfall selbst bei Vorwürfen der sexuellen Belästigung vor Ausspruch einer verhaltensbedingten Kündigung eine Abmahnung auszusprechen ist, zeigt das folgende Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm (LAG).
Mehrere Arbeitnehmerinnen hatten sich über einen Kollegen wegen sexueller Belästigung beschwert. Er hatte unter anderem Kolleginnen den Arm um die Schultern gelegt, sie zum Saunagang oder Cafebesuch aufgefordert. Dabei soll es sich um den technischen Leiter des Betriebs gehandelt haben. Für die Belästigungen kassierte der Arbeitnehmer eine fristlose Kündigung, gegen die er klagte.
Das LAG hielt die Kündigung für unverhältnismäßig und erklärte sie für unwirksam. Es fehlte an einer vorherigen Abmahnung. Auch bei einer Kündigung wegen einer sexuellen Belästigung handelt sich um eine verhaltensbedingte Kündigung – und eine solche setze grundsätzlich voraus, dass ein Arbeitnehmer zuvor einschlägig abgemahnt worden ist.
Hinweis: Eine sexuelle Belästigung ist ein schwerwiegendes Delikt. Trotzdem ist nicht immer gleich eine Kündigung das Richtige. Die Kündigung ist stets das letzte Mittel, zu dem ein Arbeitgeber greifen darf.
Quelle: LAG Hamm, Urt. v. 23.02.2022 – 10 Sa 492/21