Ablehnung der Einstandspflicht: Selbstbelastung gegenüber Versicherung unterliegt der Mitwirkungspflicht

Im Strafverfahren muss niemand belastende Aussagen gegen sich selbst tätigen. Wie das im Verhältnis zum eigenen Versicherer aussieht, musste das Landgericht Osnabrück (LG) klären. Dabei ging es immerhin um die nicht unerhebliche Schadenshöhe von rund 640.000 EUR.

Anfang 2018 wurde die Inneneinrichtung eines Restaurants in Osnabrück durch ein Feuer erheblich beschädigt. Die Versicherungsnehmerin hatte den Vorfall unmittelbar der Versicherung angezeigt, und diese versandte wenige Wochen später einen Katalog mit 20 Fragen zur weiteren Bearbeitung des Vorgangs. Die Betreiberin des Restaurants beauftragte Unternehmen mit der Regulierung des Schadensfalls und ließ sich durch mehrere Rechtsanwälte vertreten. Erst mehr als sechs Monate später beantwortete einer der Rechtsanwälte die Fragen des Versicherers. Da die Fragen teilweise nicht bzw. nur unvollständig beantwortet worden waren, setzte die Versicherung eine Frist zur ergänzenden Beantwortung. Sie wies auf die Regelung zu § 28 Abs. 2 Versicherungsvertragsgesetz hin, wonach eine Leistungskürzung oder eine Ablehnung der Einstandspflicht möglich sei, wenn der Versicherungsnehmer seiner Mitwirkungspflicht zur Aufklärung des Schadensfalls nicht nachkomme. Eine weitergehende Beantwortung erfolgte dennoch nicht. Rund fünf Monate später erklärte der Versicherer, dass er die Deckung des Schadens ablehne, da die Versicherungsnehmerin ihrer Aufklärungs- und Mitwirkungsobliegenheit nicht nachgekommen sei. Daraufhin klagte die Versicherungsnehmerin gegen die Versicherung – mit wenig Erfolg.

Das LG meinte, dass eine Frage an den Versicherungsnehmer dann zulässig ist, wenn die Beantwortung der Frage für die Einschätzung des Versicherers von Relevanz sein kann, ob eine Einstandspflicht besteht. Nicht erforderlich ist es hingegen, dass sich die Beantwortung der Frage tatsächlich als wesentlich erweist. Der im Strafrecht geltende Grundsatz, wonach sich niemand selbst zu belasten braucht, gilt im Verhältnis zwischen Versicherungsnehmer und Versicherer nicht. Somit erhielt die Restaurantbetreiberin kein Geld von ihrer Versicherung.

Hinweis: Und warum das Ganze? Es bestand der Verdacht einer vorsätzlichen Brandstiftung. In einem Strafverfahren wurde ein Dritter aus dem Umfeld der Versicherungsnehmerin, welcher der Brandlegung verdächtigt worden war, zwar freigesprochen. Dennoch bleibt hier zu mutmaßen, dass die Frau dies zum Anlass genommen hat, nur unvollständig Stellung zu den Fragen ihrer Versicherung zu nehmen.

Quelle: LG Osnabrück, Urt. v. 24.05.2023 – 9 O 3254/21