Privatinsolvent? BGH stärkt die häusliche Pflege: Finger weg vom Pflegegeld!

Sowohl pflegende als auch gepflegte Personen können schnell in wirtschaftlich schwieriges Fahrwasser geraten. Da die private Pflege jedoch nach wie vor eine Herausforderung darstellt, deren Vorteile nicht gemindert werden sollten, kommt die folgende Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) gerade richtig, denn diese beantwortet die Frage, ob Pflegegeld pfändbar ist oder nicht.

Eine Mutter versorgte ihren Sohn, bei dem es sich um eine Pflegeperson im Sinne von § 19 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI) handelte. Das sind Personen, die nicht erwerbsmäßig einen Pflegebedürftigen in seiner häuslichen Umgebung pflegen. Das Pflegegeld, das dem Pflegebedürftigen zusteht, wird an sie weitergeleitet. Nach § 13 Abs. 6 Satz 1 SGB XI bleibt ein solches Pflegegeld, das an die Pflegeperson weitergeleitet wird, bei der Ermittlung von Unterhaltsansprüchen und Unterhaltsverpflichtungen der Pflegeperson grundsätzlich unberücksichtigt. Das heißt im Umkehrschluss, dass es ansonsten keinen besonderen Schutz genießt, sondern den allgemeinen Vorschriften der Zivilprozessordnung (ZPO) unterfällt.

Nun musste die Mutter Insolvenz beantragen. Daraufhin beantragte der Insolvenzverwalter, bei der Berechnung des pfändbaren Arbeitseinkommens das Arbeitseinkommen mit dem Pflegegeld zusammenzurechnen, das die Mutter für die Versorgung des bei ihr wohnenden autistischen Sohns erhält. Somit wäre bei der Frau mehr zu pfänden gewesen. Damit kam der Insolvenzverwalter beim BGH aber nicht durch.

Das an die Pflegeperson weitergeleitete Pflegegeld ist nach § 851 Abs. 1 ZPO, § 399 Bürgerliches Gesetzbuch unpfändbar. Das Pflegegeld bietet einen Anreiz zur Erhaltung der Pflegebereitschaft der Angehörigen, Freunde oder Nachbarn. Die Ziele des Pflegegeldes sind es, die Autonomie des Pflegebedürftigen zu stärken und einen Anreiz für die Aufnahme und Fortsetzung einer häuslichen Pflege zu schaffen. Das würde nicht erreicht, wenn das Pflegegeld zwar beim Pflegebedürftigen unpfändbar bliebe, bei der Pflegeperson aber als nach den allgemeinen Vorschriften pfändbares Arbeitseinkommen behandelt würde.

Hinweis: Personen, deren Pflegegeld bereits gepfändet wurde, sollten nun schnellstmöglich gegen die Pfändung angehen. Wie das im Einzelfall geht und welche Rechtsmittel einzulegen sind, erklärt der Rechtsanwalt.

Quelle: BGH, Beschl. v. 20.10.2022 – IX ZB 12/22