Schuldanerkenntnis: Auch schriftlich abgegebene Erklärungen haben manchmal keinen Wert

Im folgenden Fall, der vor dem Oberlandesgericht Brandenburg (OLG) landete, wird der alte Grundsatz „Wer schreibt, der bleibt.“ von der Theorie geschlagen, dass Papier eben doch geduldig ist. Was daraus zu lernen ist: Vereinbarungen sollten in guten Zeiten einer Beziehung schriftlich fixiert werden, denn unter Umständen ist ein Schuldanerkenntnis nach Liebesaus vor Gericht das Papier nicht wert, auf dem es geschrieben wurde.

Ein Paar unterzeichnete gemeinsam einen Mietvertrag. Die Frau zog zum August 2007 mit ihren beiden Kindern in die Wohnung ein und wohnte dort bis Ende Mai 2013. Die Mietverbindlichkeiten und sonstigen Lebenshaltungskosten hatte sie bis dato allein beglichen. Im April 2013 unterschrieb das Paar erneut gemeinsam als Mieter einen Mietvertrag über eine Wohnung, die einen Monat später an beide Beteiligte übergeben wurde. Anfang März 2015 – also gut zwei Jahre später – überwies der Mann der Frau erstmals einen Betrag von 250 EUR mit dem Verwendungszweck „laufende Kosten“. Ab diesem Zeitpunkt zahlte er monatlich bis einschließlich Mai 2017 insgesamt 8.750 EUR. Doch der Mann beendete die Beziehung im August 2016.

Die Frau behauptete nun, beide hätten vor Abschluss des Mietvertrags vereinbart, die Mietkosten und Lebenshaltungskosten hälftig zu teilen. Der Mann wandte jedoch ein, nie mit der Frau in einer Lebensgemeinschaft zusammengelebt zu haben. Den neuen Mietvertrag habe er nur unterschrieben, da der neue Vermieter die Bonität der Frau angezweifelt habe – in die Wohnung sei er aber nie eingezogen. Nun forderte die Frau etwas über 32.000 EUR und übersandte dem Mann eine entsprechende Forderungsaufstellung. Daraufhin erklärte dieser handschriftlich gegenüber ihrer Rechtsanwältin sinngemäß: „Hiermit bestätige ich Ihnen die Kostenzusammenstellung über 32.325 EUR aus Ihrem Schreiben vom 17.9.2016. Ich kann ab Anfang März 2017 auf finanzielle Mittel zurückgreifen. Sobald mir diese zur Verfügung stehen, werde ich die Überweisung auf Ihr Konto vornehmen. Diese erfolgt dann umgehend bis spätestens zum 10.3.2017.“ Da meint man doch, alles sei prima, oder? Warum landete die Sache dennoch vor dem OLG? Weil ein Schuldanerkenntnis rechtlich nicht ganz so einfach ist, wie man allgemein denken mag.

Das OLG musste daher auch etwas ausholen. Und zwar gibt es neben dem „abstrakten Schuldanerkenntnis“ und dem im BGB nicht geregelten „bestätigenden Schuldanerkenntnis“ noch ein weiteres Anerkenntnis – und das verkörpert keinen besonderen rechtsgeschäftlichen Verpflichtungswillen des Schuldners. Ein Schuldner gibt ein solches Anerkenntnis vielmehr zu dem Zweck ab, dem Gläubiger seine Erfüllungsbereitschaft mitzuteilen und diesen dadurch etwa von sofortigen Maßnahmen abzuhalten oder dem Gläubiger den Beweis zu erleichtern. Doch Vorsicht: Die Beteiligten treffen damit keine rechtsgeschäftliche Regelung – und zwar auch dann nicht, wenn das Anerkenntnis vom Gegner „akzeptiert“ worden ist!

Um ein solches einseitiges nichtrechtsgeschäftliches Anerkenntnis handelte es sich auch hier. Der Schuldner wollte sich gar nicht verpflichten, sondern bekundete lediglich seine Überzeugung vom Bestehen seiner Verpflichtung oder vom Vorliegen bestimmter Tatsachen. Eine (neue) rechtliche Bindung ging er damit nicht ein. Daraus folgt, dass das einseitige Anerkenntnis jederzeit widerrufbar war. Mangels nichtehelicher Lebensgemeinschaft seien die Forderungen der Antragstellerin somit rechtsgrundlos. Eine Vereinbarung einer hälftigen Kostenteilung oder eine Aufforderung, sich an Kosten zu beteiligen, habe es nie gegeben. Die Forderungen seien zudem auch verjährt.

Hinweis: Wenn ein echtes Schuldanerkenntnis gewollt ist, sollte eine entsprechende Formulierung vom Anwalt des Vertrauens kommen, um Rechtssicherheit zu garantieren.

Quelle: OLG Brandenburg, Urt. v. 23.06.2021 – 13 UF 83/19